Händels Geburtsjahr in Westminster Abbey

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Nachdem wir im letzten Artikel das Rätsel um den deutsch-englischen Komponisten Georg Friedrich Händel alias George Frederick Handel lösen konnten, steht heute die Frage an, warum Händels Geburtsdaten an seiner Grabstätte in der alt-ehrwürdigen Westminster Abbey in London mit 1684(!) bis 1759 angegeben sind – schließlich weiß doch jedes Kind vom Musikunterricht seiner Schule, dass Bach und Händel im gleichen Jahr geboren wurden: Nämlich 1685 – also ein Jahr später als auf der Inschrift in Westminster Abbey angegeben.

Die Auflösung des Rätsels

Porträt von Lavinia Fontana

…ist ebenso einfach wie kurios: Papst Gregor XIII reformierte am 24. Februar 1582 das vorherrschende „Julianische Kalendersystem“ wegen einiger Unzulänglichkeiten. Das neue „Gregorianische Kalendersystem“ verlegte nun den Jahresbeginn auf den 1. Januar (der „zufällig“ noch der Geburtstag von Papst Gregor XIII war) und teilte das Jahr in 365 Tage, 12 Monate und einem Schaltjahr alle 4 Jahre mit 366 Tagen. Mehr und mehr europäische Länder übernahmen diesen Gregorianischen Kalender und damit auch den 1. Januar als ersten Tag des neuen Jahres.

In England ließ man sich allerdings mehr Zeit mit der Umstellung und führte die neue Zählung erst im Jahre 1752 ein. Bis zum „Umstellungsjahr“ 1752 begann in England das neue Jahr am 25. März, dem Tag von „Maria Verkündigung“.

Das wiederum hatte Auswirkungen auf das rechnerische Geburtsjahr von Händel. Nach „Julianischem Kalender“ (der zurzeit von Händels Geburt in England Gültigkeit hatte) wurde Händel am 23. Februar geboren, nach „Gregorianischem Kalender“ erblickte er am 5. März 1685 in Halle/Saale das Licht der Welt. Beide Daten liegen allerdings vor dem 25. März, also dem offiziellen Neujahrstag in England, wie er zu dieser Zeit nach „Julianischem Kalender“ gezählt wurde. Somit wurde Händel nach „Julianischem Kalender“ also tatsächlich am Ende des Jahres 1684 geboren. Da in seinem Sterbejahr 1759 auch in England der „Gregorianische Kalender“ eingeführt war, stimmen die Daten mit den uns bekannten Daten überein.

Auch wenn uns Deutschen der 1. Januar als Neujahrstag gewissermaßen in „Fleisch und Blut“ eingegangen ist – zu anderen Zeiten und in anderen Kulturen wurde der Neujahrstag zu ganz verschiedenen Zeiten gefeiert. Bei den Römern war es der 1. März, bei den Ägyptern feierte man am 29. August, in Europa war es je nach Land und Zeit mal zu Ostern oder zu Weihnachten und im zaristischen Russland war bis ins Jahr 1699 der 1. September der Jahresanfang…. So schnell kann aus „verrückt“ ganz „normal“ werden – oder auch umgekehrt?…

Beitragsbild: Ralf Rolatschek, http://www.fahrradmonteur.de/